Kinderschutzbund fehlt es an Personal

GIESSEN - (ee). Hinter Zahlen verbergen sich häufig Schicksale: Das wurde auch bei der Mitgliederversammlung des Orts- und Kreisverbandes Gießen des Deutschen Kinderschutzbundes deutlich. So weist die Statistik bei den an die Beratungsstelle herangetragenen 358 Fällen eine Steigerung von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr (283) auf, erläuterte Geschäftsführerin Sylvia Löffler. Dabei waren in 291 Fällen Kinder von Gewalt betroffen. „Sie wissen alle, was das bedeutet – gerade für die Entwicklung der Kinder“, betonte Löffler. Und gab die Antwort gleich selbst: „Das kann langfristig massive Probleme auf dem weiteren Lebensweg nach sich ziehen.“ Dem entgegenzutreten, sei eine der zentralen Aufgaben des Kinderschutzbundes. Aber auch bei Mobbing sei man Ansprechpartner.

Die Beraterinnen führten insgesamt 1637 persönliche Gespräche (2015: 1611). In 324 Fällen ging es um körperliche, in 195 Fällen um psychische, in 208 Fällen um häusliche Gewalt. Auch Verhaltensauffälligkeiten (249), sexueller Missbrauch (179), Belastungen durch Trennung oder Scheidung der Eltern (164), Vernachlässigungen (121), Erziehungs- (61) und Suchtprobleme (11) sowie psychische Erkrankungen der Eltern (62) spielten eine Rolle. Hinzu kamen 143 Gefährdungseinschätzungen. Letzteres habe deutlich zugenommen – Tendenz steigend. Das Arbeitsaufkommen veranschaulichte die Geschäftsführerin auch anhand von 1450 Briefen und mehr als 3000 E-Mails, die geschrieben wurden, sowie 1260 bearbeiteten Telefonaten. „Dafür reicht unser Personal aber nicht aus“, betonte Löffler. Gespräche mit öffentlichen Trägern, um diesen Zustand zu verbessern, würden jedoch nur schleppend verlaufen. Zurzeit gibt es elf Mitarbeiter, die alle in Teilzeit beschäftigt sind. Von Februar bis Mai konnten bereits keine weiteren Beratungen mehr entgegengenommen werden, weil die Kapazitäten nicht vorhanden waren. „Wir verweisen dann auf andere Träger, denen es aber ähnlich geht wie uns, die Situation ist prekär“, unterstrich Löffler.

Als Erfolg bezeichnete die Geschäftsführerin die im Fachbereich Prävention angebotenen Kurse „Starke Eltern – Starke Kinder“ ebenso wie die „Aktion Kinderrechte in Kindertagesstätten“. Damit seien bereits 72 Mädchen und Jungen in Gießen sowie die Waldkita Schiffenberg erreicht worden. Das Projekt wurde ausgezeichnet, für den Hessensieg erhielt der Kinderschutzbund sogar in Preisgeld in Höhe von 5000 Euro von der „Town & Country“-Stiftung.

Anlässlich des 60-jährigen Bestehens wurde unter anderem eine Vortragsreihe zu Kinderrechten organisiert und das Präventionstheater „Ganz schön blöd! – gegen sexuellen Missbrauch und Gewalt in den neuen Medien“ der Kölner Theatergruppe „Zartbitter“ besuchte 24 Schulklassen.

Schatzmeisterin Sonja Blank-Weisinger vermeldete, dass sich die Zuwendungen durch Bußgelder um die Hälfte reduziert hätten. Das habe jedoch durch ein stärkeres Spendenaufkommen kompensiert werden können.

Für 25-jährige Mitgliedschaft wurden in Abwesenheit die Gemeinde Biebertal, Astrid Hundertmark, Beate Kohlhaas, Heidi Mank und die Eheleute Schmalor geehrt. Dr. Christiane Mench-Bauer hält dem Kinderschutzbund seit 40 Jahren die Treue.

Quelle: www.giessener-anzeiger.de